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«In die Stille hineinhorchen und warten...» Gespräch mit der Komponistin und Geigerin Helena WinkelmanFür die erst 27jährige Geigerin Helena Winkelman ist das kompositorische Schaffen mehr und mehr zur inneren Notwendigkeit geworden. Warum sie das Komponieren derart fasziniert, erzählt die junge Musikerin im Gespräch mit der «DZ». [Foto] MARIANNE FREY-HAUSER Auf die Frage, wie und wann die Musik in ihr Leben gekommen sei, stellt Helena Winkelman mit Jahrgang 1974 nüchtern fest: «Auf völlig banale Weise: Beide Elternteile sind Musiker! Meine Mutter ist Cembalistin, mein Vater Flötist und innovativer Flötenbauer für Travers-Flöten.» Aber trotz des musikalischen Elternhauses mit viel häuslicher Kammermusik hätten weder die beiden jüngeren Brüder noch die Halbschwester eine Musikerlaufbahn eingeschlagen. Nur Helena wollte bereits als Zweijährige unbedingt Trompete spielen lernen: Hochfrequenz-Klänge und Obertöne hätten sie eben schon ganz früh besonders angezogen und fasziniert. «Doch wegen der fehlenden Atemkraft kam die Trompete natürlich nicht in Frage. Mein erstes Instrument wurde darum die Blockflöte.» Früh habe sie gespürt, dass zwischenmenschliches Kommunizieren nicht nur über die Sprache, sondern auch über Musik gelinge - beispielsweise in der Kommunikation mit ihrem Vater, der ihr auch den Zugang zur Philosophie geebnet habe. Von Paganinis Geigenmusik gepackt Zur Geige kam Helena Winkelman mit fünf Jahren: «Bei meinen Grosseltern lief oft eine Platte mit Musik von Nicolo Paganini, gespielt vom französischen Geiger Zino Francescatti - Musik, die mich packte und begeisterte.» Wie Helena Winkelman erzählt, habe sie sich auf der Geige sofort wohl gefühlt. «In kürzester Zeit spielte ich 200 Kinderlieder aus vier Sprachregionen auswendig, begleitet von meiner Mutter.» Ihre Begabung sei rasch erkannt und gefördert worden. «Mein Grossvater schenkte mir eine -Geige, Baujahr 1680. Es handelt sich allerdings um eine (noch einigermassen erschwingliche) -Geige: Ihre Decke stammt von einem anderen erstklassigen Geigenbauer», sagt die Violonistin. Allerdings habe sie anfänglich nicht daran gedacht, die Musik zu ihrem Beruf zu machen: «Ich hätte mir auch ein Psychologie oder Philosophiestudium vorstellen können.» Reise durch EuropaAber dann sei sie mit 17 Jahren ins reputierte «Gustav-Mahler-Jugendorchester» aufgenommen worden. Während der Sommermonate habe man in Bozen geprobt und sei danach zur Tournee des Orchesters durch zahlreiche europäische Hauptstädte aufgebrochen -eine prägende Zeit für die junge Geigerin. Helena Winkelman schlug nun doch die musikalische Laufbahn ein und liess sich in Luzern, Mannheim, New York und Basel zur Solistin ausbilden. «Ich habe bewusst immer sehr strenge Lehrer ausgewählt. Sie sollten das oft allzu Legere in mir ausräumen.» Früher seien ihr die musikalische Aussage, das selbstvergessene Eintauchen in die Musik wichtiger gewesen als die Kühle der technischen Perfektion, was bei Wettbewerben ein Nachteil sei. Die Suche nach den eigenen KlängenAls Sologeigerin hatte Helena Winkelman rasch Erfolg: Mit 19 Jahren gewann sie erstmals einen Musik- preis sowie ein zweijähriges Stipendium. Im Jahr darauf siegte sie an einem internationalen Violinwettbewerb in Italien und machte erste Radio- und Fernsehaufnahmen mit ihrem Streichquartett. Nach und nach aber habe sich das Bedürfnis nach dem eigenen Ausdruck, nach eigenen Klängen verstärkt. «Ich improvisierte immer öfter am Klavier, allerdings nur, wenn ich sicher war, dass mir niemand zuhörte oder mich beobachtete.» Bereits während der Studienzeit in New York und Basel hat Helena Winkelman mit, ihrer Vorliebe für die Musik von Bartok, Ravel, György Kurtag, Pierre Favre, Dave Brubeck oder dem"«King of Pop», Michael Jackson, mehrere Kompositionskurse absolviert und 1999 erstmals drei Auftragswerke geschrieben. Stress des KomponierensBeim Komponieren müsse man in die Stille hineinhorchen und warten, bis Klänge von irgendwoher auftauchen und festgehalten werden können, sagt sie. «Das Niederschreiben muss oft sehr schnell erfolgen. Sonst verstummt die innere Musik und der rote Faden der Komposition verliert sich wieder», sagt Helena Winkelman. Entgegen einer weitverbreiteten Ansicht leide ein Komponist daher nicht weniger unter Stress als ein Solist. Wer komponiere, müsse zudem ein Sensorium für gesellschaftliche Entwicklungen und Tendenzen haben und erspüren, was in der Welt vor sich gehe. Davoser Zeitung, 28. Juli 2001 |
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